Drei Fragen an…

...Reiner Zieger

    In unserer Blogreihe „3 Fragen an…“ stellen wir Menschen vor, die dem Tierpark Berlin auf besondere Weise verbunden sind. Dieses Mal blicken wir gemeinsam mit Reiner Zieger zurück – auf seine 68-jährige Verbindung zum Tierpark Berlin, die mit einem Skizzenbuch begann und in ein ganzes Berufsleben mündete.

    Der letzte seiner Art

    Zoo- und Tierparkgäste kennen seine Bilder von Infotafeln, Plakaten und Büchern. Reiner Zieger gilt als einer der berühmtesten Tierzeichner Deutschlands und sieht sich selbst mit seinem Handwerk in Zeiten von Fotografie und KI generierten Bildern als eine vom Aussterben bedrohte Art.

    Von Anfang an dabei

    Als wissenschaftlicher Grafiker und „Hofmaler des Tierparks“ hat Reiner Zieger nicht nur seine tierischen Bewohner studiert und porträtiert, sondern auch dessen Entwicklung aus nächster Nähe begleitet. Wir haben mit ihm über erste Eindrücke, unvergessliche Erlebnisse und seine ganz persönliche Beziehung zum Tierpark gesprochen.

    Redaktion: Was sind Ihre ersten Erinnerungen an den Tierpark Berlin?

    R.Z.: Als 12jähriger fertigte ich die ersten Zeichnungen von lebenden Tieren im Leipziger Zoo an. Ich zog von Gatter zu Gatter, von Tierhaus zu Tierhaus und füllte jedes Jahr in den Sommerferien meine Skizzenbücher. Als ich mit 18 Jahren zum Studium nach Berlin zog, führte mich einer meiner ersten Wege in den Tierpark, der gerade vor zwei Jahren eröffnet worden war. Ich lief am noch maroden Schloss vorbei, geradewegs zum „Außenring“ – dem sogenannten „Kuhdamm“, der nur aus aneinandergereihten Gattern für große Huftiere bestand. Ein Wegstück weiter bewegten sich Kamtschatkabären und Eisbären auf großen Felsanlagen. War das ein überwältigender Anblick gegenüber den engen Klinkerbauten für Bären im Leipziger Zoo! Da wurde mir klar, wie der Tierpark einmal aussehen wird, schließlich war er gerade erst zugänglich, und sein Gründer Dr. Heinrich Dathe musste den Berlinern auch genug exotische Tiere zeigen können, wenn sie nicht weiterhin in den Zoo nach Westberlin pilgerten. Deshalb wurden erst einmal viele Provisorien eingerichtet.

    Redaktion: Was waren für Sie Höhepunkte oder ganz besondere Erlebnisse, die sie nie vergessen werden?

    R.Z.: Im Jahr 1958 zog es mich wieder in den Tierpark, für drei Wochen war dort die Sensation, der Pandabär „Chi_Chi“, auf Durchreise zu sehen. In den vielen Jahren meiner Tätigkeit im Tierpark konnte ich unzählige Studien zu Papier bringen. Meine Vorliebe galt und gilt noch immer den großen Säugetieren, die in vielen Grundverhaltensweisen den Menschen ähnlich sind. In Zoos oder Tierparks werden sie so gut betreut, dass sie keine Probleme mit Futtersuche oder Wassermangel haben. Sie erhalten tierärztliche Betreuung, es werden für sie passende Partner für die Fortpflanzung ausgesucht, alle Gefahren werden von ihnen abgehalten. Das führt natürlich zu einer gewissen Trägheit, der man heute mit Beschäftigungsprogrammen dagegenhält, die die Tiere vor Anforderungen stellt und sie in Bewegung bringt. Für den Zeichner war es natürlich bequem, wenn das Modell „still hielt“. Gern wollte ich sie aber auch in Bewegung zeichnen. Solche Gelegenheiten boten sich, wenn ein neues Tier in die Gruppe eingeführt wurde. Dann gab es Rangeleien um die Rangordnung oder die Brunftzeit setzte ein oder Geburten standen bevor. Unvergesslich ist mir meine Begegnung mit der Schimpansin Susi. Es gab damals noch kein Affenhaus, sodass sie im beheizbaren Schloss untergebracht war, auch wenn es noch fast eine Ruine war, das Dach undicht, die Wände wacklig waren. Ein großer Käfig mit dicken Eisenstangen füllte fast den ganzen Raum im Hochparterre. Nur ein schmaler Gang war frei, wo ich mich hinstellen -oder hinhocken konnte, um sie zu zeichnen. Anfangs war sie ganz friedlich und an meinem Tun interessiert, aber allmählich wurde sie unruhig, das Fell sträubte sich, sie jagte durch den Käfig, kreischte und rüttelte an den Gitterstäben, dass es mir unheimlich wurde und ich mit meinen Utensilien abzog. Mein begonnenes Bild wollte ich natürlich gern beenden und ging tags darauf wieder zur Schimpansin. Sie schaute mir beim Zeichnen zu. Da fiel mir auf, dass sie hin und her schaukelte, wenn ich ihr in die Augen sah und sich gleich wieder beruhigte, wenn ich mich abwandte. Das war´s, sie fühlte sich herausgefordert. Alles blieb ruhig, wenn ich sie nur so nebenbei betrachtete. Das war meine erste selbstgewonnene Erkenntnis zum Verhalten bei Tieren. Nun reichte ich der interessierten Zuschauerin ein Stück Papier und einen Stift. Sie hockte sich gleich darüber und füllte das Blatt mit vielen kleinen Kringeln. Gern hätte ich dieses Gekritzel von einem Affen besessen.  Ich gab ihr zu verstehen, sie möchte es mir geben, hielt ihr meine Hand entgegen und bot gleichzeitig ein größeres Papier zum Tausch. Schließlich stopfte sie mir hastig ihr grafisches Werk durch das Gitter und erfasste gleichzeitig das neue Blatt. So wurden wir uns einig.

    Redaktion: Was macht für Sie den Tierpark so besonders?

    R.Z.: Mein frühester Berufswunsch war, einmal Zoodirektor zu werden. Ich konnte nicht ahnen, dass ich zehn Jahre später vom Direktor des Tierpark Berlin das Angebot bekam, ob ich „bei ihm anfangen wolle“. Was war das für ein Glücksmoment! Fast neun Jahre war ich angestellt als Wissenschaftlicher Grafiker in der Zoologischen Forschungsstelle, aus der das IZW später hervorgegangen ist. In dieser Zeit war mir der Tierpark zur Heimat geworden. Ich habe die Entwicklung des Parks zur einer zoologischen Einrichtung von Weltrang miterleben können und viele meiner Arbeiten gingen dabei mit um die Welt. Noch immer gehe ich gern über die Wege meiner ehemaligen Wirkungsstätte. Vieles hat sich geändert, aber immer wieder komme ich an Orten vorbei, die mir vertraut sind. Nur treffe ich bei meinen Besuchen auf keine ehemaligen Kollegen mehr und erfahre nicht mehr persönlich von den Neuigkeiten vor Ort, doch ich verfolge die Geschicke des Tierparks auch aus der Ferne über öffentlichen Bekanntmachungen.

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