Drei Fragen an…

...Lothar Frenz

Die Zoologischen Gärten Berlin dürfen sich über eine wachsende Zahl an Menschen freuen, die die Bedeutung unserer Arbeit erkannt haben und mit uns für ein gemeinsames Ziel kämpfen: den Erhalt der Artenvielfalt auf unserem Planeten. An dieser Stelle möchten wir mit einigen von ihnen ins Gespräch kommen und erfahren, was sie antreibt und warum sie uns unterstützen. Diesmal sprechen wir mit Autor Lothar Frenz. In seinem Buch „Wer wird überleben?“ beschäftigt er sich mit der Frage, wie unsere Erde in Zukunft aussehen wird.

Redaktion: Als Journalist sind Sie schon viel in der Welt herumgekommen und durften vielfältige Lebensräume kennenlernen. Was waren ihre beeindruckendsten Naturerlebnisse?

Auf der ugandischen Urwaldinsel Ngamba auf dem Victoriasee erlebte ich mit der halbwild dort lebenden Schimpansenwaise Sophie, was ich sonst nur innerhalb meiner eigenen Art kannte. Im Wald setzte sich Sophie auf meinen Schoß und blickte mir tief in die Augen. Was folgte, waren nahe, sogar intime Augenblicke des gegenseitigen Erkundens, Anschauens und Erkennens, verbunden mit körperlicher Zärtlichkeit und Zugewandtheit. Das war ihm besten Sinne verwirrend: Für mich verschwammen da die Grenzen zwischen uns Menschen und den anderen Spezies. Das machte mir unseren Platz innerhalb der Natur deutlich.

Mit einem Filmteam war ich am Rio Aripuana im brasilianischen Amazonien auf Expedition in einer so gut wie menschenleeren Region, in der man Entdeckungen machen kann wie Forschungsreisende vor 150 Jahren. Was uns auch gelungen ist: Wir haben eine neue Großtierart erstmals gefilmt und später beschrieben, das Riesenpekari Pecari maximus.

Im Osten der Zentralafrikanischen Republik war ich in einer weiteren Terra incognitaunterwegs, einem der letzten weißen Flecken auf unserem Planeten. Dort haben ein paar junge Leute eine Wildnis voller seltener Arten aufgetan, die zuvor kein Naturschützer auf dem Zettel hatte - viermal größer als die Serengeti, doppelt so groß wie Nordrhein-Westfalen. Das Chinkobecken ist eine ökologische Schatztruhe, ein einzigartiges Mosaik aus Baumsavanne und Regenwald. Dank ihres Engagements ist dort das Chinko-Reservat entstanden, eines der größten Schutzgebiete Afrikas. Mit leidenschaftlichem Einsatz lässt sich viel bewirken!

Redaktion: Haben Sie ein Lieblingstier?

Schon immer mochte ich Nashörner besonders gerne. Sie sind für mich wundersame Überbleibsel jener Zeit, als unsere Erde noch vor großen, ungeheuren und skurrilen Tieren nur so wimmelte – Mammuts und Säbelzahntiger, anderthalb Tonnen schwere Riesenfaultiere und Gürteltiere, groß wie ein VW-Käfer mit stachelbewehrtem Keulenschwanz. Durch eiszeitliche Steppen streifte das Wollnashorn, am ganzen Körper mit dichtem Fell bedeckt. Fast alle heutigen Arten, bis auf das akut vom Aussterben bedrohte Sumatranashorn, sind nahezu nackt – bis auf den Schwanz und einen kleinen Haarkranz um die Tütenohren. Achten Sie mal im Zoo drauf! Wann immer ich Nashörner sehe, schaue ich ihnen auf die Ohren: Mich rühren diese Haare an den nackten Kolossen jedes Mal.

Redaktion: Wer wird überleben?

Welche Arten weiterhin mit uns auf der Erde leben dürfen, das liegt vor allem an uns Menschen. Die bedrückenden Roten Listen werden ja immer länger. Noch viel eindrucksvoller finde ich folgende Zahl: Die Biomasse der Säugetiere besteht vor allem aus Menschen und Nutztieren; Wildtiere machen nur noch vier Prozent aus.  Die Masse an Hausgeflügel ist allein dreimal so groß wie die Masse sämtlicher anderen Vögel auf der Welt. Die gute Botschaft ist: Wir können etwas gegen das Artensterben tun. Die Zoologischen Gärten spielen dabei eine Rolle. Jahrhunderte, nachdem sie in freier Wildbahn ausgerottet wurden, leben heute wieder weit über 5000 Davidshirsche und es gibt mehrere wildlebende Herden in China. Sie alle gehen auf nur auf drei Tiere zurück, die 1876 aus China in den Berliner Zoo kamen.

Wer wird überleben? Die Zukunft von Natur und Mensch

Wir stehen vor einem historischen Wendepunkt in unserem Verhältnis zur Natur: Biologe und Autor Lothar Frenz erzählt von seinen spannenden Expeditionen – in den Regenwald Amazoniens, nach Indonesien und Afrika. Dort hat er viele Aspekte des Artensterbens erlebt.

Eindrucksvoll zeigt er auf, wie vielschichtig die Probleme sind, die wir in den nächsten Jahren lösen müssen: Wie soll unsere Erde aussehen? Wer soll, wer darf mit uns hier leben – und wer nicht? Welchen Planeten wollen wir unseren Kindern hinterlassen?

Erscheinungstermin: 20. April 2021 beim Verlag Rowohlt Berlin

Öffnungszeiten

Heute, 8. Oktober
9:00 - 18:00 Uhr
Letzter Einlass: 17:00 Uhr
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