Ab in den Süden

Bartgeier aus dem Tierpark Berlin kehren zurück in die Alpen.

    Viele Urlauber zieht es derzeit südwärts und auch der junge Bartgeier Lucky hat sich in der letzten Woche auf die Reise in die österreichischen Alpen gemacht. Allerdings nicht zur kurzfristigen Entspannung, sondern mit einer wichtigen und langfristigen Mission im Gepäck. Der am 19. März im Tierpark Berlin geschlüpfte Bartgeier ist Teil des internationalen Projekts zur Wiederauswilderung der Bartgeier in den Alpen, das vor genau 30 Jahren gestartet ist. Mit dabei ist auch seine Schwester Charlie, die am 23. März aus dem zweiten Ei geschlüpft ist.

    „Im Horst wird von den Eltern immer nur ein Jungvogel aufgezogen“, erklärt Dr. Martin Kaiser, der als Kurator für Vögel im Tierpark Berlin die diesjährige Auswilderung vor Ort begleitet hat. „Deshalb wurde das zweite Küken am 1. April in die Bartgeier-Zuchtstation in Haringsee, Österreich gebracht, wo es von als Zieheltern bewährten Bartgeiern ohne eigenen Nachwuchs adoptiert wurde.“ Die Brutzeit der Bartgeier fällt in den Winter, da nach 55 Tagen Brutzeit pünktlich zum Frühjahr ein reichhaltiges Nahrungsangebot im schmelzenden Schnee zu finden ist. Zwischen Mitte Juni und Mitte Juli starten junge Bartgeier nach etwa 4 Monaten am Horstplatz zu ihrem Erstflug.

    Am 24. Juni trafen sich die Geschwister auf der Ascham-Alm im Nationalpark Hohe Tauern wieder, wo sie markiert, beringt und hinauf zu ihrer Freilassungsnische gebracht wurden. In den kommenden Tagen werden Lucky und Charlie bei ihrer Eingewöhnung von wachsamen Augen beobachtet. Jeder Bissen, jeder Flügelschlag wird von den Mitarbeitern des Nationalsparks dokumentiert und ihre Entwicklung in freier Wildbahn sorgsam begleitet. Auch Jäger, Ornithologen, Bauern, Bergsteiger und Touristen werden die ersten Flugversuche des Berliner Neuzugangs im Untersulzbachtal gespannt mit verfolgen.

    Der Bart- oder Lämmergeier zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,85 m zu den größten Greifvogelarten Europas. Die imposanten Tiere leben vorwiegend in Gebirgsregionen oberhalb der Waldgrenze, ihre Horste legen sie in Felsnischen an. Bei der "Abfallbeseitigung" spielen die riesigen Vögel weltweit von den Pyrenäen bis zum Himalaya eine zentrale Rolle. In den Alpen galten die „Knochenbrecher“ lange als Gefahr für Schafe und sogar Kinder – völlig zu Unrecht. Die friedlichen Bartgeier ernähren sich – im Gegensatz zu anderen aasfressenden Geiern – überwiegend von Knochen, die von ihren besonders aggressiven Magensäften problemlos verdaut werden können. Ist ein Knochen zu groß, um ihn mit dem Schnabel zu knacken, packt der intelligente Vogel seine Mahlzeit mit den Fängen und lässt sie aus luftiger Höhe auf Felsen oder Steine fallen, so dass sie in mundgerechte Stücke zerbricht.

    Intensive Jagd und Trophäensammler sorgten gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts dafür, dass der Bartgeier in den Alpen und Karpaten ausgerottet wurde. Nach dem letzten Abschuss im Jahr 1913 in den französisch-italienischen Westalpen gab es nur noch in den Pyrenäen kleine Populationen.

    Um den Bartgeier wieder in seiner Heimat anzusiedeln, wurde 1978 ein international koordiniertes Projekt unter der Finanzierung von WWF und der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft ins Leben gerufen. Ziel des Artenschutzprojektes ist es, ausschließlich in Menschenhand gezüchtete und geschlüpfte Jungvögel wieder in den Alpen anzusiedeln. Später gründete sich aus diesem Projekt die „Foundation for the Conservation of the Bearded Vulture“. Bis 1986 dauerte der Aufbau eines Zuchtnetzes unter Beteiligung von rund 30 Tiergärten und der zentralen Bartgeier-Zuchtstation in Haringsee. Es begann eine enge Kooperation zwischen Naturschutzorganisationen, Behörden, Universitäten, Nationalparks und Zoos. Im Rahmen des Europäischen Erhaltungsprogramms für die Bartgeier arbeiten heute fünf Zuchtzentren mit knapp 40 Zoologischen Gärten zusammen.

    Als fliegende Artenschutz-Helden bereichern die Berliner Lucky und Charlie nun die genetische Vielfalt des internationalen Projekts: Mit ihnen hat der Tierpark Berlin inzwischen 25 Bartgeier an das Auswilderungsprojekt übergegeben. Insgesamt wurden 212 Junggeier in den Alpen erfolgreich ausgewildert, 59 davon im Nationalpark Hohe Tauern. „Der Tierpark Berlin hat damit einen maßgeblichen Beitrag zu diesem sehr erfolgreichen Wiederansiedlungsprojekt geleistet“, freut sich Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. „148 Jungvögel sind seit Beginn des Projekts 1986 bereits in freier Wildbahn geschlüpft. Nun gilt es, einen Korridor zur benachbarten Population in den Pyrenäen aufzubauen.“

    Auch aus der Ferne ist das Projekt unter https://www.hohetauern.at/de/online-service/bartgeier-online.html zu verfolgen.
     

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