Der Tierpark Berlin als Kultureinrichtung - 65 Jahre Vielfalt

In der Jubiläumswoche nehmen wir euch mit auf eine kleine geschichtliche Reise durch den Tierpark Berlin.

Der Tierpark ist ein Ort der Vielfalt. Neben Tieren, Pflanzen und Menschen, sind auch Kunst und Architektur ein elementarer Bestandteil des Tierpark Berlin. Berühmte Künstler und Architekten wie Heinz Graffunder haben den Park zu dem gemacht, was er heute ist: Eine gelungene Verbindung von Natur und Kultur. Für den Tierparkgründer Dathe gehörte die Kunst von Beginn an zu einem Tierpark dazu, denn ihm war daran gelegen, „das Tier in jeder Hinsicht, also auch als Kunstwerk, begreiflich zu machen.“ Mehr als 70 Skulpturen zieren den Landschaftspark und es kommen immer wieder neue hinzu, wie zuletzt die Shona-Art Skulpturen aus Zimbabwe oder die Ausstellung der mehr als 150 United Buddy Bears. Wir haben uns mit dem Architekten und stellvertretenden technischen Leiter Johannes Gramse über das Thema Ästhetik und Denkmalschutz in einem Tierpark unterhalten.

Herr Gramse, Kunst und Ästhetik spielten seit der Gründung schon immer eine große Rolle im Tierpark Berlin. Wodurch drückte sich das aus? Wo ist dies noch heute sichtbar?

Der Tierpark Berlin ist ja als Ganzes eine geplante Anlage und für einen Zoo eigentlich sogar eine recht "moderne". Zwar sind das jahrhundertealte Schloss Friedrichsfelde mit dessen Gartenanlage der Ausgangspunkt für die Gründung des Parks, darüber hinaus wurde dann aber komplett neu quasi „auf der grünen Wiese" geplant. Das soll heißen: Die Tieranlagen, Kunstwerke, Gebäude und auch die Blickachsen auf diese, sind nicht zufällig oder von der Natur vorgegeben, sondern wurden bewusst so angelegt. Dabei haben sich hier die Ziele und Ansprüche der Ästhetik, der Zoologie aber auch der Technik in den vergangenen 65 Jahren fortlaufend geändert. Dies erklärt sicher auch gewisse optische „Unschärfen“ innerhalb des - mit 160 Hektar besonders großen – Landschaftstierparks.

Dieser Aspekt, der geplanten natürlichen Landschaft, zeigt sich meines Erachtens besonders gut Anhand des inneren Rundgangs entlang des Kamelgrabens. Immer wieder tauchen hier im richtigen Moment neue Gehege, Kunstwerke, Kleinarchitektur oder Landschaftsaus- und Einblicke auf. Dieser Kernbereich des Tierparks präsentiert sich als besonders geschlossenes und noch gänzlich mit der Ursprungsplanung übereinstimmendes Bild. Dieser Bereich steht auch als Ensemble-Denkmal mit all den an diesen Weg direkt anknüpfenden Gebäuden und Gehegen unter Denkmalschutz. Ähnliches gilt auch für den Kinderzoobereich als Gartendenkmal der zu den ganz frühen Anlagen des Tierparks gehört und für seine Zeit sehr modern war. Auch der „künstlerische Schmuck des Tierpark Berlin“, dem Professor Dathe sogar ein eigenes Buch gewidmet hat, zeigt, wie wichtig ihm Kunst und Ästhetik von Beginn an waren.

Hat sich in den vergangenen 65 Jahren etwas am ästhetischen Anspruch bei der Gestaltung des Tierparks verändert, wenn ja, was?

Ja, da hat sich auf jeden Fall sehr viel geändert. Ähnlich wie in vielen anderen Zoo Welt weit, entwickelt sich auch der Tierpark von einer Ansammlung und Ausstellung möglichst vieler spektakulärer Einzeltiere - Stichwort: Raubtierhaus, Schlangenfarm, Dickhäuterhaus - hin zu einem Park, der mit besonderen Botschaftertieren und die ganzheitliche Abbildung ihres Lebensraums, den Besucher für den Artenschutz als Ganzes gewinnen will. Das führt dazu, dass man keine Gehege oder Gebäude mehr braucht, in denen auf kurzer Strecke viele kleine Käfige mit spektakulären Tieren angeordnet sind, sondern großzügige Gehege, die natürlich gestaltet sind und eigentlich nur versteckte oder sich zurücknehmende Architektur benötigen, um die bei uns in Europa herrschenden klimatische Verhältnisse auszugleichen.

Es geht also viel weniger um Repräsentation, wie vielleicht bei einem Naturkundemuseum mit lebendigen Exponaten, als um den Anspruch, ein authentisches Tiererlebnis mit allen Aspekten, wie dem natürlichen Lebensraum entsprechenden Pflanzen, Gerüchen und Geräuschen zu inszenieren. Letztlich soll nicht das Tier zur Schau gestellt werden, sondern beim Besucher soll die Begeisterung für das Tier geweckt werden, die dazu führt, dass er oder sie sein bzw. ihr eigenes Verhalten hinterfragt. Denn der Grund für das Artensterben ist am Ende der Mensch, insbesondere der, der Industrienationen, mit seinem überdurchschnittlichen Hunger nach Energie und Rostoffen.

Welche Bedeutung hat der Denkmalschutz im Tierpark Berlin?

Der Denkmalschutz hat eine sehr große Bedeutung für uns. Viele Besucherfamilien kommen wirklich schon seit Generationen in den Tierpark und verbinden ihn mit besonderen Erinnerungen. Eltern oder Großeltern suchen oft zusammen mit Ihren Kindern oder Enkeln die damaligen schwarz-weiß Motive ihrer Kindheit auf. Hier spielen insbesondere das Alfred-Brehm-Haus aber auch prominente Kunstwerke wie die Bronzelöwen davor oder der Säbelzahntiger eine große Rolle.

Wir sind anhand der historischen Gebäude und der damit verbundenen Präsentation der Tiere auch in der Lage, das sich im Laufe der Zeit verändernde Naturbild verdeutlichen und dokumentieren zu können. Haben wir die gleichen Vorstellungen von Wildtier, Nutztier, Haustier und deren Platzanspruch wie unsere Großeltern, die vielleicht auch schon im Tierpark waren? In diesem Zusammenhang ist auch unsere, sich in den letzten 65 Jahren stark veränderte Ernährung ein interessantes Thema. Anhand historischer Tieranlagen können wir zukünftig Themen wie Fleischkonsum, Eier-, Soja- und Palmölproduktion kommunizieren. Hier glaube ich, dass neue Projekte in Zukunft den sehr direkten Zusammenhang zwischen unserem Konsum und der Bedrohung weit entfernt lebender wilder Tieren und deren Lebensräume noch weiter beleuchten können, wie wir es jetzt im umgebauten Alfred-Brehm-Haus auch tun. Neben den eher negativen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte für die Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen, könnten historische Tieranlagen gleichzeitig aber auch kritisch die Tierhaltung in menschlicher Obhut vor 65 Jahren beleuchten. Welchen Fortschritt Zoos in dieser Zeit bezüglich des Tierwohls gemacht haben, ist anhand solcher Gebäude sehr gut zu erkennen.

Warum ist Denkmalschutz wichtig und welche Herausforderungen ergeben sich daraus in einem Tierpark?

Der Denkmalschutz ist für den Tierpark und im Allgemeinen wichtig, weil er die Gebäude und Kunstwerke vergangener Zeiten vor dem schleichenden Verlust schützt. Wir als Tierpark wollen und müssen den Tieren zukünftig mehr Raum zur Verfügung stellen und diesen auch anders gestalten, als es die Architekten vor 30, 40 oder 60 Jahren getan haben. Das heißt aber auch, dass wir uns dauerhaft an unseren Gebäuden und Gehegen “reiben“, uns immer wieder neu mit ihnen auseinandersetzen müssen, um diese fortlaufend an die sich stetig verändernden Haltungsvorschriften für Wildtiere anpassen zu können. Im einfachsten Fall können wir aus den alten, vielen kleinen Zellen durch ein Verbinden mit Öffnungen oder entfernen ganzer Zwischenwänden größere Gehege schaffen. Dies ist beispielsweise an einigen Stellen im Alfred-Brehm-Haus unsere Lösung, um sowohl den Vorgaben des Denkmalschutzes als auch unseren Ansprüchen an den Platzbedarf von unseren Tieren gerecht zu werden. Wenn die vorhandene Struktur aber nicht mehr angepasst werden kann, ohne den Gesamtcharakter des Denkmals zu verändern, kommt man in den kritischen Bereich des Denkmalschutzes, wo er die aktuelle Nutzung in Frage stellt. Das kann dazu führen, dass man den Tierbesatz reduzieren oder gänzlich ändern muss. Hier ist der Tierpark auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Behörden angewiesen, die die verschiedenen Belange gegeneinander abwägen und den Ansprüchen der Wildtiere dabei auch eine starke Position einräumen.

Öffnungszeiten

Heute, 7. Mai
9:00 - 18:30 Uhr
Letzter Einlass: 17:00 Uhr
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Fütterungen & Trainings

  • Eisbären-Talk 11:00 Uhr
  • Chaco-Pekaris 12:30 Uhr
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